1. Die logischen Schlüsse 1. Logical inferences
Wie wir es bereits zeigten, kam die deutende Exegese vor allem dann zur Geltung, wenn im Leben „neue Fälle” auftauchten, die vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich vorher entschieden werden konnten, die aber trotzdem im Geist der Lehre entschieden werden mußten. Wie konnte man aber den Geist der Lehre so ermitteln, daß er nicht bloß als die subjektive Meinung eines einzelnen über die Lehre, sondern als der objektive, also auch geltende Wille der Lehre angesehen werden mußte? Es gab da nur einen Weg: der Schluß von dem Bekannten auf das X. Da aber die Lehre nie in Begriffen sich manifestiert, sondern in Einzelfällen, in denen sie ein Handeln oder Verhalten bestimmt, so mußte von Einzelfall auf Einzelfall — oder in der Terminologie der Logik ausgedrückt — von Besonderem auf ein Besonderes geschlossen werden. Wie verfuhr hierbei der Talmud? Wir zeigen es an einem Beispiel. As we have already shown, interpretative exegesis was primarily applicable when “new cases” arose in life —- cases which the law-maker could not have specifically solved previously, but which nevertheless had to be decided in the spirit of the Teachings. But how could the spirit of the Teachings be determined so that it would not simply be viewed as an individual’s subjective opinion of the Teachings, but rather so that it must be seen as the objective — and hence also valid — intention of the Teachings? There was only one way of making sure of this: inferring from the known to the unknown X. But since the Teachings never manifest themselves in the form of concepts, but instead as individual cases, in which they determine action or behavior, conclusions had to be drawn from one individual case to another individual case — or, to use the terminology of logic, from one particular to another particular. How did the Talmud proceed here? We will illustrate this by means of an example.
a) Im Traktat P’sachim (66a) heißt es: Es geschah einmal, daß der Vortag des Peßachfestes auf einen Sabbat fiel, und man wußte nicht, ob am Sabbat das Peßachopfer dargebracht werden dürfe, da die Darbringung mit verschiedenen Arbeiten verknüpft ist, die sonst am Sabbat verboten sind. Weder in der Bibel noch in der mündlichen Lehre fand sich darüber eine Bestimmung, doch mußte man auch diesen Fall auf Grund der Lehre entscheiden. — Nun lehrte Hillel: Wir wissen, daß das tägliche Opfer auch am Sabbat dargebracht werden muß. Beim täglichen Opfer heißt es: „in seiner Zeit” soll es dargebracht werden. Von dem Peßachopfer heißt es aber auch: „in seiner Zeit” soll es bereitet werden. Dies aber berechtigt mich zu dem Schluß: Wie das „in seiner Zeit” beim täglichen Opfer bedeutet: auch wenn diese Zeit ein Sabbat ist, ebenso wird der gleiche Ausdruck beim Peßachopfer besagen: „in seiner Zeit” — selbst an einem Sabbat. Auf eine logische Formel gebracht, verläuft der Gedankengang folgendermaßen: a) In Tractate Pesachim (66a), it says: It came to pass once that the eve of the Festival of Passover fell on the Sabbath, and it was not known whether the Passover sacrifice could be offered on the Sabbath, since the offering is associated with certain types of labor otherwise forbidden on the Sabbath. Neither the Bible nor the Oral Teachings contained any provision about this, but this case too had to be decided on the basis of the Teachings. Now Hillel taught: We know that the daily sacrifice must be offered on the Sabbath too. Of the daily sacrifice it says: it shall be offered “in its due season.” But of the Pesach sacrifice it also says: it is to be given “in its due season.” However, this justifies my inferring: Just as “in its due season” for the daily sacrifice means: even if this time is a Sabbath, so the same expression for the Pesach sacrifice will mean: “in its due season” — even on a Sabbath. Reduced to a logical formula, the reasoning runs as follows:
Das tägliche Opfer verdrängt das Sabbatgebot The daily sacrifice supersedes the commandment relative to the Sabbath
Das tägliche Opfer ist dem Peßachopfer ähnlich The daily sacrifice is similar to the Pesach sacrifice (because of the similarity of the wording determining the time in the Bible)
(durch die Gleichheit des Wortlautes der Zeitbestimmung in der Bibel) Hence the Pesach sacrifice supersedes the commandment relative to the Sabbath.
Also verdrängt das Peßachopfer das Sabbatgebot. Dies ist aber nichts anderes als der Analogieschluß der Logik, der die Formel hat: M ist P; S und M sind einander ähnlich; folglich ist S = P. Da der Analogieschluß im Talmud fast ausschließlich auf die Gleichheit des Ausdrucks im biblischen Text sich gründet, ist sein talmudischer Name „G’serat-Schaweh”, d. h. der „analoge Ausdruck”. All this amounts to is a logical inference by analogy, where the formula is as follows: M = P; S and M are similar to each other; therefore S = P. Since inference by analogy in the Talmud is almost exclusively based on identity of the expression in the Biblical text, its name in the Talmud is “g’zerah shavah,” that is, an “analogous expression” or verbal analogy (cf. Sifra, beraita of R. Ishmael).
Allerdings können auf Grund der Ähnlichkeit keine notwendigen, also vollkommen sicheren Schlüsse gewonnen werden. Die Analogie kann immer nur mit Wahrscheinlichkeit die Gleichheit zwischen dem M-ähnlichen S und dem M-gleichen P begründen. Die Analogie berechtigt immer nur zu einer Vermutung. Mit Vermutungen kann man aber Fragen der Lehre nicht entscheiden. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung kann nur eine Methode der Wissenschaft, nicht aber eine ausreichende Methode der Lehre sein. Ob man am Sabbat das Peßachopfer darbringen darf oder nicht, das muß man mit Bestimmtheit wissen. Deshalb bedarf der talmudische Analogieschluß, die „G’serat-Schaweh”, wo es sich um eine Gesetzesentscheidung handelt, noch einer weiteren Sicherung. Die Wahrscheinlichkeit soll gelten. Wie kann sie das? Die Logik antwortet darauf: Die auf Grund der Analogie erschlossene Wahrscheinlichkeit kann durch die Erfahrungen, die sie bestätigen, zur empirischen Geltung gelangen. Was aber für die Wissenschaft die Erfahrung, die Empirie ist, das ist in der Lehre die Tradition. Deshalb besteht der Grundsatz: der talmudische Analogieschluß gilt nur dann, wenn er von einer Überlieferung bestätigt wird. Dies besteht im allgemeinen darin, daß die G’serat-Schaweh von Geschlecht zu Geschlecht, von Lehrern auf Schüler überliefert worden ist. However, no inevitable — that is, completely reliable — conclusions can be reached on the basis of similarity. All that analogy can do is to substantiate with probability the similarity between M-like S and M-equals P. Analogy always justifies a supposition only. However, it is not possible to decide about issues in the Teachings on the basis of suppositions. The theory of probabilities can only be a method of science, not a satisfactory method of the Teachings. Whether or not the Pesach sacrifice can be offered on the Sabbath must be categorically known. Which is why the Talmudic verbal analogy (inference by analogy), the “g’zerah shavah” — a decision of law — requires further safeguards. Probability should prevail. How can it do so? Logic replies as follows: The probability inferred on the basis of analogy can become applicable on the basis of those experiences which confirm it. But the role that (empirical) experience plays in science is occupied in the Teachings by tradition. This is the reason behind the principle that the Talmudic inference by analogy applies only when it is confirmed by a tradition. Generally this involves the “g’zerah shavah” having been handed down from generation to generation, from teachers to students.
Oder, wie Hillel sich ausdrückt: „Niemand darf von sich aus einen Analogieschluß aufstellen”, womit gemeint ist: Niemand darf auf Grund eines Analogieschlusses, der durch keine Tradition gestützt wird, Gesetzesentscheidungen treffen. Dies ist kein Dogma, sondern die wissenschaftliche Konsequenz aus der Analogie. Die Analogie ergibt nur eine Wahrscheinlichkeit; die Wahrscheinlichkeit kann aber keine Antwort sein auf Fragen der Lehre. Or, as Hillel puts it: “Nobody may independently draw up a conclusion by analogy,” meaning: Nobody may make decisions of law on the basis of a verbal analogy if unsupported by any tradition (cf. Pesachim 66a). This is not a dogma, but the scientific consequence of the analogy. Analogy can only produce a probability; but probability cannot be an answer to questions of the Teachings.
b) Hillel zeigt uns auch einen anderen Weg, um die oben zitierte Frage in bezug auf das Peßachopfer zu entscheiden. Wie können von dem Analogieschluß absehen. Es wird vorausgesetzt: Es ist uns bekannt, daß das tägliche Opfer das Sabbat-Gebot aufhebt. Wir wissen, daß, während auf die Unterlassung des Peßachopfers die Kareth-(Ausrottungs-) Strafe steht, diese Strafe nicht gilt für die Unterlassung des täglichen Opfers. Dem Gesetzgeber muß an der Darbringung eines Opfers, auf dessen Unterlassung er die Kareth-Strafe gesetzt hat, mehr gelegen haben als an der Darbringung eines Opfers, für dessen Unterlassung er diese äußerst harte Strafe nicht bestimmte. Nun lehrt Hillel den Schluß: Wenn schon die Darbringung des täglichen Opfers, auf dessen Unterlassung keine Kareth-Strafe steht, das Sabbat-Gebot aufhebt, um wieviel mehr muß das Peßachopfer, dessen Unterlassung mit Kareth bestraft wird, das Sabbat-Gebot aufheben. Auf eine logische Formel gebracht heißt dies: Auf Grund der Beziehung zwischen der Verschiedenartigkeit der Strafen im Falle einer Unterlassung steht fest: b) Hillel also shows us another way to decide the above-cited question about the Pesach sacrifice. We can disregard verbal inference. The assumption is: We know that the daily sacrifice supersedes the Sabbath commandment. We know that, while the punishment of karet (= excision or premature death) applies to any omission of the Pesach sacrifice, this punishment does not apply to omission of the daily sacrifice. The law-maker must have attached greater importance to the offering of a sacrifice to whose omission the karet penalty is applied, than to the offering of a sacrifice for whose omission this harshest of punishments was not specified. Hillel now teaches the conclusion: If the offering of the daily sacrifice, for whose omission no karet penalty is imposed, already supersedes the Sabbath commandment, then how much more must the Pesach sacrifice, whose omission is punished with karet, supersede the Sabbath commandment. Reduced to a logical formula, this can be expressed as follows: Because of the relationship between the different nature of the penalties in the case of omission, the following is established:
Die Darbringung des Peßachopfers übertrifft an Bedeutung die Darbringung des täglichen Opfers The offering of the Pesach sacrifice exceeds in significance the offering of the daily sacrifice
Die Darbringung des täglichen Opfers ist so bedeutend, daß sie das Sabbat-Gebot aufhebt The offering of the daily sacrifice is so significant that it supersedes the Sabbath commandment
Das Peßachopfer hebt das Sabbat-Gebot ebenfalls auf. Therefore, the Pesach sacrifice also supersedes the Sabbath commandment.
Im Talmud wird dieser Schluß „Kal-w’Chomer” genannt; ursprünglich im Sinn „vom religionsgesetzlich Leichteren auf das religionsgesetzlich Schwerere (schließend)”, allgemein gefaßt: „Vom Besonderen auf das umfassendere Besondere”, etwa so, daß man sich sagt: Was A enthält, muß das umfangreichere A<sub>1</sub> auch enthalten. Dieser Schluß ist im Gegensatz zum Analogieschluß der G’serat-Schaweh zwingend; deshalb bedarf er keinerlei anderer Bestätigung als die der logischen Notwendigkeit. Der Kal-w’Chomer gilt immer, auch wenn er durch keinerlei Tradition gestützt wird. Oder, wie der Talmud sich ausdrückt: „Jeder hat das Recht, von sich aus einen Kal-w’Chomer aufzustellen”*)*) Schwarz, dessen grundlegenden Arbeiten wir bei der Darstellung der Kapitel über die „logischen Schlüsse” und „exegetischen Regeln” gefolgt waren, obwohl wir von ihm betreffs der „Schlüsse” in allen wesentlichen Punkten abweichen (über die exegetischen Regeln können wir auf Grund von Schwarz nur referieren), ist der Meinung, daß der Kal-w’Chomer sich mit dem Syllogismus decke. Dies trifft nicht zu. Unzählige Syllogismen kommen im Talmud vor, aber nie in der Form des Kal-w’Chomers; andererseits gibt es eine Anzahl Kal-w’Chomer, die nur mit größten Schwierigkeiten auf den Syllogismus zurückgeführt werden können. Das Wesen des Kal-w’Chomers trifft, wie mir bekannt, allein die Erklärung meines hochverehrten Lehrers, Herrn Dr. J. Weinberg, Rektor des Rabbinerseminars in Berlin, der im Kal-w’Chomer den Identitätsschluß wiedergefunden hat. Die besondere Formulierung des Kal-w’Chomers ist darauf zurückzuführen, daß der Schluß gleichzeitig einen möglichen Einwand gegen die zu erschließende Identität widerlegt, und zwar immer in der Weise, daß gezeigt wird: das, worin A und A<sub>1</sub> voneinander differieren, bestärkt nur den Schluß auf Grund der Identität, denn das in A enthaltene m, worauf sich die Identität gründet, muß auf Grund der Eigenschaften, die als differierend angeführt werden, in A<sub>1</sub> noch in höherem Grade gegeben sein.. In the Talmud this conclusion is known as “kal va-homer” (a fortiori); originally in the sense of “(deduction) from a minor to a major case in terms of religious law,” or to put it more generally: “From the particular to the more comprehensive particular,” so that one might say: What A contains must also be contained by the more comprehensive A1. Unlike the verbal analogy of the gezerah shavah, this conclusion is mandatory; consequently, it needs no other confirmation than that of logical necessity. Kal va-homer is always applicable even if unsupported by any tradition. Or, as the Talmud puts it: “Everyone has the right to infer a kal va-homer on his own.” (ibid.)*Adolf Schwarz, whose basic work we followed in the section’s presentation of “logical inferences” and “exegetical rules,” although we differ from him on all essential points concerning the “inferences” (at this juncture we can only report on the exegetical rules on the basis of Schwarz A., “Der Hermeneutische Syllogismus in der Talmudischen Litteratur", Israelitisch-Theologischen Lehranstalt, Vienna, 1901) holds that kal va-homer is equivalent to a syllogism. This is not correct. There are countless syllogisms in the Talmud, but never in the form of kal va-homer; on the other hand there are a number of kal va-homer which can only be reduced to a syllogism with great difficulty. In my experience the nature of the kal va-homer has been correctly explained only by my esteemed teacher, Dr. I.I. Weinberg, Rector of the Hildesheimer Rabbinical Seminary in Berlin, who has re-established the a fortiori inference in kal va-homer. The special wording of the kal va-homer can be ascribed to the fact that the conclusion at the same time contradicts a possible objection to the identity to be inferred, that is, always in how it is shown: the point on which A and A1 differ from each other only strengthens the inference on the basis of identity, since the present in A, on which the identity is based, must — on the basis of the properties which are cited as differing — be present in A1 to an even greater degree.
c) Ein anderer Fall soll uns den Einblick in das Wesen einer dritten Deuteregel ermöglichen. In der Bibel finden wir vier Grundarten von Beschädigungen, in denen eine Schadenersatzpflicht besteht. 1. Der Ochse, der mit seinem Horn stößt. 2. Die Grube, die auf öffentlichem Grund gegraben oder von jemandem offen gelassen wurde. 3. Der Ochse, der auf einem fremden Feld weidet. 4. Der Brand, der aus einer Feuerstätte ausgehend sich verbreitet. In der knappen, einprägsamen und anschaulichen Sprache der mündlichen Lehre werden sie mit den Worten bezeichnet: 1. Der Ochse, 2. Die Grube, 3. der Zahn, 4. Das Feuer. Indem man das Wesen dieser Beschädigungsarten definiert, wird festgestellt, daß alle Beschädigungen durch Sachen auf diese vier Grundarten zurückzuführen sind. — Im Traktat Baba Kama (6a) wird nun die Frage erörtert: Jemand hatte „seinen Stein, sein Messer, seine Last” auf ein Dach gelegt; sie fielen bei einem gewöhnlichen Wind (womit also zu rechnen war) hinunter und haben dann etwas beschädigt. Ist der Eigentümer, der sie auf das Dach legte, schadenersatzpflichtig oder nicht? — Eine Entscheidung in einem solchen Fall lag nicht vor, nicht in der Bibel und nicht in der Überlieferung. Man versucht nun festzustellen, zu welcher Gruppe von Beschädigungen der herunterfallende Stein gehört, zu 1, 2, 3 oder 4. Es ergibt sich aber, daß dieser Fall nirgends unterzubringen ist; denn er ist in seinem Wesen weder mit 1 noch mit 2, 3 oder 4 identisch. Es trifft sich aber, daß 1, 2, 3 und 4 sich voneinander ebenfalls unterscheiden und trotzdem gilt in allen vier Fällen, daß der Besitzer bzw. Verursacher schadenersatzpflichtig ist. Wenn aber für 1, 2, 3 und 4 das gleiche gilt, so kann der Grund dafür nicht darin liegen, worin sie sich voneinander unterscheiden (ungleiche Ursachen haben ungleiche Wirkungen), sondern darin, worin sie miteinander übereinstimmen. Die „gemeinsame Seite” (Hazad-Haschaweh) an ihnen ist: Alle vier „pflegen Schaden anzurichten, und sie müssen bewacht werden” — also ist dies die Ursache für die Bestimmung: „Der Eigentümer bzw. Verursacher ist schadenersatzpflichtig”. Daraus wird geschlossen: Alles, das die Eigenschaft „pflegt zu beschädigen und muß bewacht werden” hat, verpflichtet im Falle einer Beschädigung den Eigentümer bzw. den Verantwortlichen zum Schadenersatz. Diese Eigenschaften kommen aber auch in dem gefragten Fall dem „Stein” zu; also ist der Eigentümer usw. schadenersatzpflichtig. Der Schluß auf eine übersichtliche logische Formel gebracht lautet: c) Another case should enable us to gain an insight into the nature of a third exegetical rule. In the Bible we have four basic types of damage accompanied by liability for damages or liability to make good a loss. 1. A goring ox. 2. A pit which is dug or left open in the public domain. 3. An ox that grazes on someone else’s field. 4. A fire which starts out in a hearth and spreads. In the concise, catchy and graphic language of the Oral Teachings, they are designated by means of the terms: 1. The horn, 2. The pit, 3. The tooth, 4. The fire (cf. Bava Kama, Mishna 1:1). In defining the nature of these kinds of damage, it is determined that all damage caused by physical objects can be reduced to these four basic types. The tractate of Bava Kama (p. 6a) discusses the following question: Some-one had placed “his stone, his knife, his load” on a roof; they fell down during a normal wind (which should therefore have been foreseen), causing damage to something. Is the owner who laid them on the roof liable for damages or not? No decision was available in such a case, whether in the Bible or in tradition. An attempt is now made to determine to which group of damages the falling object belongs: 1, 2, 3, or 4. However, it turns out that this case cannot be placed anywhere; for in its nature it is not identical with 1, nor with 2, 3, or 4. However, although 1, 2, 3, and 4 also differ from each other, nevertheless in all four cases, the owner or party responsible is liable for damages. However, if the same applies to 1, 2, 3, and 4, the reason cannot be the points on which they differ (unequal causes having unequal effects), but rather the points on which they correspond. The “common factor” (ha-tsad hashaveh) to be found in them is: All four “are in the habit of causing damage, and must be guarded” — and this is therefore the cause of the provision: “The owner or party responsible is liable for damages.” The conclusion drawn from this is: Everything that has the property of “being in the habit of causing damage and needing to be guarded” carries with it, in the case of damage, an obligation on the part of the owner or the person responsible to pay damages. However, these properties apply also in the case in question to the “stone”; the owner or person responsible is therefore liable to pay damages. Reduced to a clear, logical formula, the conclusion can be worded as follows:
Das „Horn”, die „Grube”, der „Zahn”, das „Feuer” haben die Eigenschaft: „sie pflegen zu beschädigen und müssen bewacht werden” The “horn,” the “pit,” the “tooth,” the “fire” have the property: “they are in the habit of causing damage, and must be guarded”
Das „Horn”, die „Grube” usw. verpflichten den für sie Verantwortlichen zum Schadenersatz. The “horn,” the “pit,” etc. require the person responsible for them to pay damages.
Alles, was die Eigenschaft hat: „es pflegt zu beschädigen und muß bewacht werden”, verpflichtet zum Schadenersatz. Everything which has the property of “it is in the habit of causing damage and must be guarded” requires damages to be paid.
Der „Stein” hat die Eigenschaft: „pflegt zu beschädigen und muß bewacht werden” The “stone” has the property: “In the habit of causing damage and must be guarded”
Der „Stein” verpflichtet zum Schadenersatz. Therefore, the “stone” requires damages to be paid.
Dieser Schluß ist aber nichts anderes als die Kombination zwischen Induktion und Syllogismus. Der erste Teil, die Induktion, ist das bekannte aristotelische Hinaufsteigen vom Einzelnen zum Allgemeinen. Ist aber das Allgemeine gewonnen, so dient es, indem aus dem Allgemeinen ein unbekanntes Einzelne erschlossen wird, als Obersatz zu dem geläufigen Syllogismus: alles M ist P, S ist M, ergo ist S = P. (Der logisch geschulte Leser wird die Bedeutung dieser Kombination für die Aufdeckung der Beziehung zwischen Induktion und Syllogismus selbst einsehen können.) Dieser kombinierte Schluß wird im Talmud „Binjan-Aw” genannt; wobei „Aw-Vater” die Art, die Gattung, das Allgemeine schlechthin bedeutet und „Binjan-Bau” das, was die Art aufbaut, nämlich das Besondere mit dem spezifischen Merkmal, wodurch es unter den Aw eingeordnet wird. Zunächst wird vom Binjan-Besonderen auf das Aw-Allgemeine geschlossen, dann vom Aw zurück auf ein bis dahin unbekanntes Besonderes. However, this conclusion is simply the combination of an induction and a syllogism. The first part, the induction, is the well-known Aristotelian progression from the particular to the general. However, once the general is obtained, it can be used to infer an unknown particular from the general, as a super-proposition to the familiar syllogism: all M is P, S is M, therefore S = P. (The reader trained in logic will be able to recognize independently the importance of this combination for the disclosure of the relationship between induction and syllogism.) In the Talmud, this combined conclusion is called “binyan av” (basic rule, law or precedent); “av = father” means the type, the kind, the general as such, and “binyan = building” is what builds up the type, namely the particular with the distinguishing feature, as a result of which it is classified under the av. First an inference is drawn from the binyan particular to the general av, then back from the av to a previously unknown particular.
Der Analogieschluß in der G’serat-Schaweh, der einen möglichen Einwand gleichzeitig widerlegende Identitätsschluß des Kal-w’Chomers und schließlich der aus Induktion und Syllogismus kombinierte Schluß den Binjan-Aws haben die Aufgabe, vom Bekannten auf das Unbekannte schließend, aus dem Geiste der Lehre heraus die neuen Fälle mit logischer Gesetzmäßigkeit zu entscheiden, glänzend gelöst. Unabhängig von Aristoteles, Jahrhunderte vor ihm hat das wissenschaftliche Denken unserer großen Meister eine Höhe erreicht, die sie neben die größten Logiker aller Zeiten stellt. The task of ruling on new cases using the laws of logic and in accordance with the spirit of the Teachings has ben brilliantly solved by these three principles for inferring from the known to the unknown: The verbal analogy in the g’zerah shavah, the a fortiori inference (based on identity) of the kal va-homer which at the same time disproves a possible objection, and lastly the inference of the binyan av, deduced from induction and syllogism. Independently of Aristotle, and centuries before him, the scientific thinking of our great masters reached a level on a par with the greatest logicians of all times.