Josua freispricht. Zum bessern Verständnis dieser Stelle sei hier eine kurze Vorbemerkung gestattet: Zu einem Sündopfer (3. B. M. 4, 27—35) ist verpflichtet, wer ohne im Augenblicke der Tat sich der Sündhaftigkeit seiner Handlung bewusst zu werden, ein Bibelverbot übertritt, dessen mutwillige Verletzung mit Ausrottung oder Todesstrafe bedroht ist; entschuldigt sich aber das Versehen, der Fehlgriff, die Übereilung durch seinen frommen Eifer in einer nicht ganz erfolglosen Betätigung seiner Pflicht, so ist die Frage, ob ein Sündopfer erforderlich, ein Gegenstand des Streites zwischen R. Eli‘ezer, der sie bejaht, und R. Josua, der sie verneint. Diese prinzipielle und bei ihrer weitreichenden Bedeutung auf die verschiedensten Gebiete hinübergreifende Streitfrage wird hier zwischen den beiden Gegnern an einem sehr lehrreichen Beispiele ausgefochten, von welchem dieselbe eine vortreffliche Beleuchtung empfängt. Auf die Sabbatentweihung ist Todesstrafe gesetzt. Die Darbringung des Pesachopfers ist jedoch am Nachmittage des Vierzehnten, auch wenn er auf einen Sabbat fällt, nicht allein gestattet, sondern Pflicht. Andere Privatopfer dürfen am Sabbat nicht geschlachtet werden. Hat nun jemand, der am Sabbat 14. Nisan nachmittags im Begriffe ist sein Pesachopfer darzubringen, infolge einer Verwechslung oder in der irrigen Annahme, es könnten hierzu auch einem andern Zwecke bereits geweihte Tiere anstandslos verwendet werden (s. Jeruschalmi), ein Böcklein als Pesachopfer geschlachtet, welches zu einem andern Opfer bestimmt war, so muss er nach R. Eli‘ezer seinen Fehlgriff durch ein Sündopfer sühnen, weil er seine Absicht, ein Pesachopfer darzubringen, durch eigene Schuld vereitelt hat, in der Opferung eines Tieres aber, welches am Sabbat nicht dargebracht werden darf, trotz der Gültigkeit des Opfers nun einmal eine Entweihung des heiligen Tages liegt; nach R. Josua dagegen bedarf es dieser Sühne nicht, da er in der Ausübung eines Gebotes, welches die entgegenstehenden Sabbatverbote ausser Kraft setzt, die Heiligkeit des Tages nur durch eine Übereilung verletzt hat, welche man seinem übermässigen Eifer zu gute halten kann, zumal die Gültigkeit des Opfers weder durch die Sabbatentweihung noch durch die Bestimmungsänderung in Frage gestellt wird (K. V, Anm. 30), die Darbringung eines solchen aber, wenn sie auch den Sabbat nicht verdrängt, als vollendete Tatsache immerhin etwas Verdienstliches ist, so dass die Opferhandlung, wenn sie auch ihren eigentlichen Zweck verfehlte, doch nicht ganz erfolglos war. War es ein Sündopfer, das er aus Versehen als Pesachopfer geschlachtet, so ist das Opfer freilich ganz und gar untauglich (ebend.) und es würde ihm daher selbst R. Josua wegen der unnützen Sabbatentweihung eine Sühne auferlegen; dasselbe ist aber ohnehin bereits durch die Bedingung אם ראויין הן aus der Reihe „aller übrigen Opfer“ ausgeschlossen, denn zum Sündopfer kann nur Kleinvieh weiblichen, zum Pesachopfer nur Kleinvieh männlichen Geschlechts verwendet werden. — Bisher war die Rede von einer Übereilung bei Opfertieren, welche auch zum Pesachopfer sich eignen und daher leicht mit ihm verwechselt werden können. Hat er aber am Sabbat ein Mutterschaf, eine Ziege oder gar ein Kalb, die zu einem andern Opfer bestimmt waren, aus Unachtsamkeit oder aus Unwissenheit als Pesachopfer geschlachtet, so muss er, da diese Tiere schon von Natur für den angestrebten Zweck nicht geeignet sind, der Fehlgriff also nur durch eine an Leichtsinn streifende, nicht zu entschuldigende Fahrlässigkeit möglich war, selbst nach R. J. ein Sündopfer darbringen. Desgleichen wenn er zur angegebenen Zeit einem Pesachopfer während des Schlachtens eine andere Bestimmung gegeben in dem Glauben, es wäre kein Sabbat, oder in der irrigen Annahme, man dürfe ein Pesachlamm auch mit veränderter Bestimmung am Sabbat opfern. Hier ist das Versehen noch viel unverzeihlicher als in dem zuletzt erörterten Falle. Denn hier handelt es sich nicht mehr um eine blosse Fahrlässigkeit, hier liegt in der mutwilligen Bestimmungsänderung, auch wenn ihm deren beeinträchtigende Wirkung nicht bekannt war, auf alle Fälle ein sträflicher Leichtsinn, der unstreitig an sich schon eine Sühne heischt, und nun kommt noch als sehr gravierendes Moment hinzu, dass das unter Entweihung des Sabbats geschlachtete Opfer infolge der Bestimmungsänderung hier ganz untauglich ist (K. V, M. 2), die Opferhandlung also völlig erfolglos war, so dass die Sabbatschändung durch nichts aufgewogen, durch nichts gemildert wird. Ist jedoch die Bestimmungsänderung keine mutwillige, war er vielmehr in dem Irrtum befangen, das von ihm geschlachtete Tier solle nicht als Pesachopfer, sondern grade dem Zwecke dienen, für den er es geopfert, hat er gar nur sich versprochen oder die Begriffe verwechselt, so wird er selbst von R. E. freigesprochen, weil eine in gutem Glauben oder irrtümlich verübte Bestimmungsänderung auf die Gültigkeit des Pesachopfers ohne Einfluss ist, eine Sabbatentweihung somit gar nicht stattgefunden hat.
bei welchem er für seine Bestimmung die Erlaubnis hat. am Sabbat zu schlachten.
bei welchen es für ihre Bestimmung verboten ist. am Sabbat zu schlachten.
welches man zu etwas Verbotenem abgeändert hat. indem man es zu einem Opfer schlachtete, welches am Sabbat darzubringen untersagt ist.
die man zu etwas Erlaubtem geändert hat. indem man sie als Pesach schlachtete, dessen Opferung die entgegenstehenden Sabbatverbote aufhebt.
wer unter ihrem Namen schlachtet. Wer aus Versehen am Sabbat nach Erledigung des Tamid oder des Musaf (K. V Anm. 1) unter jenem bez. diesem Namen ein anderes Opfer schlachtet, muss die unvorsätzliche Sabbatentweihung nach der übereinstimmenden Ansicht des R. E. und des R. J. durch ein Sündopfer sühnen; nur R. Meïr ist am Ende unserer Mischna anderer Meinung.
das keine Grenze hat. Die Zahl der an jedem Tage darzubringenden Gemeindeopfer ist genau vorgeschrieben (4. B. M. K. 28 u. 29), sie beschränkt sich auf einige wenige und ist daher leicht zu überschauen; nirgends aber steht geschrieben, wieviel Pesachopfer darzubringen sind, ihre Menge ist eine unbegrenzte, sie richtet sich nach der Bevölkerungsziffer und zählt nach unübersehbaren Tausenden (Jeruschalmi). Darum ist es ein sehr verzeihlicher Irrtum, wenn jemand am Nachmittage des 14. Nisan, selbst nachdem sämmtliche Opfer einer Gruppe bereits dargebracht sind, in der Eile auch noch ein für eine andere Bestimmung geweihtes Opfertier, welches er da stehen sieht und für ein Pesachopfer hält, als solches schlachtet, sofern es von Natur dazu geeignet ist; dagegen ist es eine unverzeihliche Fahrlässigkeit, wenn jemand ein beliebiges Opfertier, nachdem die vorgeschriebene Zahl der Gemeindeopfer bereits dargebracht ist, noch als solches schlachtet. Hat er sich aber während der Opferung vergriffen, und statt des zum Gemeindeopfer bestimmten ein für einen andern Zweck geweihtes Opfertier am Sabbat geschlachtet, so ist er nach R. J. in der Tat einer Sühne enthoben. [Ganz allgemein sagt Maimonides פ״ב מהל׳ שגגות הל׳ י״ג: Wer am Sabbat mehr Opfer schlachtet, als für den Tag vorgeschrieben, ist wegen der überzähligen zu einem Sündopfer verpflichtet. Da er nicht von Opfertieren spricht, welche ursprünglich zu einem andern Zwecke bestimmt waren, so können unter den „Überzähligen“ natürlich nur diejenigen verstanden werden, welche er nach Erledigung der festgesetzten Zahl noch geschlachtet hat. In הל׳ ח׳ dagegen, wo von zwei am Sabbat beschnittenen Kindern die Rede ist, von denen nur eines an diesem Tage beschnitten werden durfte, ist das Versehen nur dann erklärlich, wenn der am Freitag oder Sonntag geborene Knabe zuerst beschnitten wurde und nach ihm erst, als man den Irrtum erkannte, das zweite am Sabbat geborene Kind; darum entscheidet Maim. daselbst, dass ein Sündopfer nicht erforderlich ist. Was dem Verf. von לחם משנה hier schwierig und widerspruchsvoll erschien, habe ich nach alledem nicht zu ergründen vermocht. Auch was מהרש״א in Tosafot z. St ד״ה שקדם ומל Anfechtbares findet, ist auf den ersten Blick nicht recht klar. Die Tosafot meinen, es wäre nicht nötig anzunehmen, dass der am Sabbat geborene Knabe schon am Freitag beschnitten wurde, es genügte zur Erklärung der Baraita, wenn im ersten Falle der am Sabbat geborene, im zweiten der am Freitag bezw. am Sonntag geborene zuerst, jeder derselben aber am Sabbat selbst beschnitten wurde. Vermutlich mochte sich מהרש״א mit dieser auf der Oberfläche liegenden Auflassung darum nicht befreunden, weil dann nach der in Rede stehenden Ansicht des R. Meïr auch im ersten Falle, הואיל ונתנה שבת לדחות אצלו, ein Sündopfer ebensowenig am Platze wäre wie bei der irrtümlichen Darbringung eines überzähligen Gemeindeopfers; s. Anm. 35].
ist frei. S. Anm. 35.