Man füllt ihm den zweiten Becher. Da es sich hier nicht wie z. B. oben V 5—10 um einen geschichtlichen Bericht handelt, dürfte das Perfekt in מזגו auffällig erscheinen. In M. 2 und M. 7 ist dieses Tempus in dem Verhältnis des Nebensatzes zu dem mit מברך alsbald folgenden Hauptsatze begründet (hat man ihm eingeschenkt, so spricht er den Segen); hier aber bildet מזגו einen selbständigen Satz. Ebenso verhält es sich mit den beiden הביאו in voriger Mischna. Das erste hängt von מטבל ab, und somit ist das Perfekt berechtigt; das zweite aber schwebt in der Luft, weshalb das Tempus Befremden erregen muss. Wir haben indes schon oben (S. 164 Z. 8 ff.) darauf hingewiesen, dass die Mischnasammlung in der uns vorliegenden Gestalt das Produkt der Geistesarbeit mehrerer Jahrhunderte darstellt, die Krönung eines Werkes, dessen Grundstock noch zur Zeit des zweiten Tempels geschaffen wurde. In ihrer ältesten Fassung dürften die Worte vom zweiten הביאו bis היו und von וכאן bis zum zweiten מלמדו gar nicht gestanden, unsere Stelle vielmehr wie folgt gelautet haben: עד שמגיע לפרפרת הפה מביאים לפניו גופו של פסח מזגו לו כוס שני מתחיל בגנות ומסיים בשבח ודורש מארמי אובד אבי עד שהוא גומר כל הפרשה כלה. Später, nachdem R. Gamliel (wahrscheinlich der Ältere; s. Anm. 35) die Forderung in M. 5 aufgestellt hatte, dass man sich am Pesachabend die Bedeutung von פסח מצה ומרור zu Bewusstsein bringen müsse, und infolge dessen die Einrichtung getroffen war, darauf bezügliche Fragen den Kleinen in den Mund zu legen, wurde zwischen בום שני und מתחיל der immerhin noch aus der Zeit des Tempels stammende (s. Anm. 29) Zusatz וכאן הבן שואל אניו bis מלמדו ולפי דעתו של בן אביו eingefügt, der sich schon durch das einleitende וכאן als Einschiebsel zu erkennen gibt (s. Anm. 22). Um die Zeit der Tempelzerstörung wurde מביאים in הביאו geändert, noch später endlich zwischen הביאו לפניו und נופו של פסח der ganze Wortlaut von מצה וחורת וחרוסת bis ובמקדש היו מביאים לפניו eingeschaltet, den man Wort für Wort in der Tosefta wiederfindet, wo er jedoch ausserhalb jedes Zusammenhanges steht und in seiner abrupten Form gradezu den Eindruck einer Randbemerkung zu Mischna 2 in ihrer frühern Fassung macht.
und nun. Auf וכאן ruht kein besonderer Nachdruck. Die Partikel hätte auch ruhig wegbleiben können und ist vielleicht nur gesetzt, weil die Fassung מזגו לו כוס שני הבן שואל אביו den Irrtum erwecken würde, als hätte der gefüllte Becher irgend eine Beziehung zu den Fragen des Kindes, etwa wie er sie zu den Segensprüchen in M. 2 und M. 7 hat. S. auch die vor. Anm.
richtet das Kind an seinen Vater. אביו fehlt in manchen Ausgaben und Handschriften.
folgende Fragen. Dieselben sind mit Rücksicht auf 2. B. M. 12, 26 eingeführt worden.
wenn das Kind den Verstand dazu nicht hat. aus eigenem Antrieb die Fragen zu stellen. Alfasi liest ausdrücklich: אם אין דעת בבן לשאול אביו מלמדו.
vom Vater eingeübt werden. s. Anm. 30.
diese Nacht aber zweimal. Diese Frage, welche übrigens in vielen Ausgaben nicht an erster, sondern an letzter Stelle steht, hat in einer im Jeruschalmi angeführten Baraita folgenden Wortlaut: Alle anderen Nächte gemessen wir es mit dem Brote und diesmal für sich allein (שבכל הלילות אנו מטכילין אותו עם הפת וכאן אנו מטבילין אוחו בפני עצמו). In Babylonien hat dieselbe später die Fassung erhalten: Alle anderen Nächte geniessen wir Eingetunktes auch nicht einmal und diese Nacht zweimal (שבכל הלילות אין אנו מטבילין אפילו פעם אחת הלילה הזה שתי פעמים ). Die Frage bezieht sich offenbar auf die Vorschrift in voriger Mischna, laut welcher an diesem Abend der Lattich zweimal aufgetragen wird, einmal als Vorkost (בפני עצמו) und bald darauf noch einmal als Zukost (עם הפת) zusammen mit der מצה (über den Ausdruck מטבלין, für welchen die meisten Ausgaben hier מטבילין haben, s. oben Anm. 13). Was ist nun der Zweck dieser Bestimmung? Nach Babli 114b soll dadurch die Aufmerksamkeit der Kinder erregt werden (כי היכי דליהוי היכירא לתינוקות), was bisher so verstanden wurde, dass man diese Einrichtung nur getroffen hat, damit sie eben den Kindern auffalle und ihnen Veranlassung gebe nach dem Grunde dieser Abweichung von der gewöhnlichen Tischordnung zu fragen. Was aber dann, wenn das Ziel glücklich erreicht ist, und die Kleinen uns wirklich fragen: Warum essen wir das Eingetunkte heute vor der Mahlzeit, oder wie es ihnen von der Mischna in den Mund gelegt wird: Wie kommt es, dass es uns heute zweimal gereicht wird? Was sollen wir da unseren Lieblingen zur Antwort geben? Wir können ihnen doch unmöglich sagen: Es geschieht blos deshalb, damit ihr was zu fragen habet; weiter hat’s keinen Zweck! Da wäre es doch entschieden vernünftiger die Sitte einzuführen, dass man mit gegürteten Lenden, die Schuhe an den Füssen und den Wanderstab in der Rechten, das Mahl einnehme gleich jenem ersten Pesach damals in Ägypten (2. B. M. 12, 11). Das würde doch sicherlich den Kindern noch mehr auffallen und stärker ihre Wissbegierde reizen, die wir dann wenigstens durch eine lebendige Schilderung jener heiligen, erwartungsvollen Stunde, jener ewig denkwürdigen, schicksalsschweren Mitternacht, in welcher nach langen, qualvollen Wehen das Volk Israel geboren wurde, befriedigen könnten. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die rätselhafte Vorschrift an der Spitze der vorigen Mischna irgend eine Beziehung zur Geschichte des Pesachfestes hat, eine Beziehung, die uns nur darum nicht sofort klar ist, weil unsere Kenntnis der bei den Juden zur Zeit der Mischna üblichen Speiseordnung sehr lückenhaft ist. Indessen stimmt das Wenige, was wir darüber wissen, so sehr bis auf die kleinsten Einzelheiten mit den Sitten der Griechen und Römer überein, dass wir da, wo die jüdischen Quellen versagen, zu der Annahme berechtigt sind, dass der Brauch jener Völker auch bei den Juden heimisch war. Diese wie jene nahmen täglich nur zwei Mahlzeiten ein, einen Morgenimbiss, der aus Brot und kalter Zukost bestand, in den letzten Vormittagsstunden (Sabbat 10a, P’saḤim 12b) und eine grössere Mahlzeit des Abends nach vollbrachtem Tagewerk. Dieses Hauptmahl wurde im Speisesaal (טריקלין, triclinium) aufgetragen, dessen Höhe — wie es bei allen Räumen von der Form eines Rechtecks sein soll — die Hälfte des Maasses betrug, welches aus Länge und Breite zusammen gebildet wurde (Baba batra VI 4, Vitruvius VI 3, 8). Der Saal war mit Ruhebetten ausgestattet, auf denen sich die Teilnehmer, nachdem sie die Sandalen abgelegt und sich die Füsse gewaschen hatten, in der oben (Anm. 7) beschriebenen Weise zum Mahle niederliessen. Nun wurden Waschgefässe und Tücher zur Reinigung der Hände herumgereicht, worauf die Diener jedem Einzelnen ein Tischchen hinstellten, auf welchem alle die Speisen, die zu einem Gange gehörten, hübsch geordnet waren. Das Mahl bestand bei den Griechen und ebenso bei den Römern der ältern Zeit nur aus zwei Gängen, einem „ersten Tisch“, welcher Brot, rohe Gemüse und einen Mehlbrei (μάζα, puls), zuweilen auch ein Fleischgericht brachte, und einem Nachtisch mit allerlei Naschwerk (מיני תרגימא τϱαγήματα) wie Obst, Gebäck (πέμματα, bellaria), Süssigkeiten und andere Leckereien. In der Kaiserzeit wurden bei den Römern drei Gänge (tria fercula) aufgetragen: zunächst als Vorkost ein sogenannter gustus, welcher die Esslust zu erwecken bestimmt war, und dessen regelmässige, immer wiederkehrende Bestandteile Eier (daher die Redensart: ab ovo ad malum = von A bis Z; noch heute herrscht bei den Juden der verschiedensten Länder der Brauch, am Pesachabend das Mahl mit dem Genuss von Eiern zu beginnen) und rohe Kräuter bildeten, insbesondere der sehr beliebte Lattich (lactuca); dann folgten als Zukost zum Brote Ziegenfleisch, Fische und Geflügel, worauf Nüsse, Mandeln und andere Früchte als Nachtisch gereicht wurden. Nach diesem letzten Gange wurden die Tischchen hinausgeschafft, der Saal wurde ausgefegt, und wieder brachten die Diener Waschgefässe und Tücher zur Reinigung der Hände. An das Mahl, bei welchem die Römer wenig, die Griechen gar keinen Wein tranken, schloss sich nun ein oft bis in die späte Nacht ausgedehntes Zechgelage (ϰῶμος, comissatio), dessen Freuden durch anregende Gespräche, durch Gesang, Spiel und Tanz, durch Vorträge und allerlei Kurzweil erhöht wurden. Brachen die Zechgenossen endlich auf, so besuchten sie nicht selten noch die Gelage anderer Gesellschaften, oder sie schwärmten lärmend und johlend durch die nächtlich stillen Strassen (אפיקומן, έπίϰωμον). — In Palästina herrschte zur Zeit der Mischna die römische Sitte der tria fercula. Das schliessen wir nicht nur aus der oben (Anm. 14) aus B’rachot angeführten Stelle הפרפרת שלפני המזון und הפרפרת שלאחר המזון, sondern auch aus der vorigen Mischna, in welcher der Ausdruck עד שמגיע לפרפרת הפת eine bestimmte Speisenfolge voraussetzt, laut welcher dem Hauptgange regelmässig ein aus Kräutern bestehender Gustus voranging. Am Pesachabend gab es jedoch nur zwei Gänge; den Gustus bildete diesmal das vorgeschriebene Bitterkraut, das eigentliche Mahl aber bestand aus Brot und Fleisch. Das Brot war selbstverständlich מצה, und als Zukost (פרפרת הפת) wurde das Fleisch des Pesachopfers gereicht. Das ist der klare Sinn der vorigen Mischna in ihrer ursprünglichen Fassung (s. Anm. 21): הביאו לפניו מטבל בחזרת, עד שמגיע לפרפרת הפת מביאים לפניו גופו של פסח. Im Hause Hillels wurde sogar nur ein einziger Gang aufgetragen, in welchem das Bitterkraut mit מצה und פסח vereint war [וזהו שאמרו עליו על הלל הזקן (פסחים קט״ו. וזבחים ע״ט.) שהיה כורכם בבת אחת ואוכלם כלומר שבשעת המזון היה בורך אף המרור עם המצה והפסח ולא כחבריו שברכו ריפתא עם הפסח לבדו וטבלו בחזרת קודם המזון]. Einen Nachtisch gab es an diesem Abend überhaupt nicht (s. Anm. 73). Reichte das Fleisch zur Sättigung der Tischgenossen nicht aus, so wurde noch ein Festopfer geschlachtet (s. oben VI 3—4), dessen Fleisch am Abend ebenfalls auf den Tisch kam. Ausserhalb Jerusalems (und nach Zerstörung des Tempels auch in der heiligen Stadt selbst), wurden als Zukost zum ungesäuerten Brote beliebige Speisen aufgetragen; es mussten aber zwei Gerichte sein, entsprechend dem Fest- und Pesachopfer in Jerusalem zur Zeit des Tempels (ובגבולין צריכין שני תבשילין וכו׳—s. Anm. 19; der Ton ruht auf שני). Nun wissen wir aus ‘Aboda zara 11a, dass der Lattich wegen seiner der Verdauung förderlichen Eigenschaften bei den Juden nicht minder beliebt war als bei den Römern. Andererseits steht der Lattich unter all den Gemüsearten, die als Bitterkraut im Hinblick auf das Gesetz in 2. B. M. 12, 8 in Betracht kommen, in allererster Reihe (s. oben II 6); wenn irgend möglich, soll Lattich zur Erfüllung des Gebotes verwendet werden (Babli 39a; vgl. K. II Anm. 24). Wie soll es demnach den Kindern zum Bewusstsein gebracht werden, dass dem Genuss dieses Krautes heute eine besondere Bedeutung innewohnt, da es auch sonst sehr häufig als Vorgericht auf die Tafel kam? Deshalb wurde später, als man Werth darauf legte, die Aufmerksamkeit der Kleinen zu erregen, die Einrichtung getroffen, dass man beim nächsten Gange zugleich mit dem פסח und der מצה noch einmal Lattich auftrage. Das würde den Kindern auffallen und sie zu der Frage veranlassen: Wir haben doch eben erst rohe Gemüse gegessen; warum wird denn nun schon wieder Lattich auf den Tisch gebracht? Worauf die Antwort lauten wird: Das zweite Mal geschieht es zur Erinnerung an die bitteren Leiden, die unsere Väter in Ägypten erdulden mussten. — In späterer Zeit scheint man in Palästina zu der frühem Einfachheit zurückgekehrt zu sein und auf den Gustus verzichtet zu haben. Nur am Pesachabend wurde die aus der Mischnazeit stammende Sitte beibehalten, wie sie sich ja für diese Nacht bis auf den heutigen Tag bei uns behauptet hat, obgleich rohe Kräuter längst nicht mehr zu den ständigen Genüssen unserer Tafel gehören. Nun war aber nicht mehr der Lattich des zweiten Ganges das Auffällige, er bildete ja die alltägliche Zukost zum Brote; vielmehr war es jetzt der als Vorgericht aufgetragene Lattich, der als Bitterkraut diente, um die Erinnerung an die Leiden in Ägypten zu wecken. Ob man damals überhaupt noch dieses oder ein anderes Gemüse mit dem ungesäuerten Brote auftrug, ist zweifelhaft. Aber selbst wenn es geschah — und wahrscheinlich war das der Fall — konnte man dem Kinde nicht mehr die Frage in den Mund legen, warum in dieser Nacht das Eingetunkte zweimal gegessen wird; denn in dieser Fassung erscheint offenbar der wiederholte Genuss des Lattichs als das Befremdliche, während in Wahrheit nicht dessen zweite Verwendung als Zukost, sondern grade die erste als Vorkost ungewöhnlich war. Deshalb gab man der Frage den Wortlaut, den uns Jeruschalmi in der oben angeführten Baraita des Bar Ḳappara erhalten hat: Sonst essen wir das Eingetunkte zugleich mit dem Brote, und jetzt geniessen wir es für sich allein.
— In Babylonien bildeten rohe Gemüse keinen regelmässigen Bestandteil aller Mahlzeiten. Daher liess man die Kinder dort nicht sagen שבכל הלילות אנו מטבילין פעם אחת , sondern שבכל חלילות אין אנו מטבילין אפילו פעם אחת. Dennoch hielt man sich so streng an die Vorschrift der vorigen Mischna, dass man sogar, um den Gustus als besondern Gang kenntlich zu machen, nach demselben das Tischchen hinausschaffen und alsbald wieder, beladen mit ungesäuertem Brot, Lattich, Essigmus und zwei Gerichten, hereinbringen liess. Dies geschah in der ausgesprochenen Absicht (Babli 115b), dass die Kinder aufmerksam werden und fragen (כדי שיכירו תינוקות וישאלו). Die erwartete Frage sollte natürlich lauten: Schon wieder rohe Gemüse, die sonst fast gar nicht auf den Tisch kommen und heute schon das zweite Mal? Dass einmal ein geweckter Knabe (der später so berühmt gewordene Abaje) etwas voreilig, ohne die weitere Entwickelung der Dinge abzuwarten, mit der Frage herausplatzte: Warum nehmt ihr denn schon den Tisch weg, wir haben ja kaum zu essen angefangen — ist noch kein Beweis dafür, dass es auf diese Frage, wie viele annehmen (עיין טור וב״י א״ח תע״ג), von vornherein abgesehen war. Im Gegenteil! Es wäre der ergötzliche Vorfall wohl schwerlich überliefert und verewigt worden, wenn der Erfolg, den die Entfernung des Tisches in diesem einen Falle hatte, nicht gar so unerwartet und verblüffend gewesen wäre. — Auffallend ist, dass sich in einem Punkte doch der alte Brauch geändert hat. Seit Jahrhunderten werden die als Vorkost dienenden Kräuter nicht mehr für sich allein auf den Tisch gebracht, sondern zugleich mit dem Bitterkraute und dem ungesäuerten Brote aufgetragen (וכן הוא ברמב״ם הל׳ ח״ומ פ״ח ה״א ובטור שם). Das entspricht nicht dem Wortlaut der vorigen Mischna, in welcher die Wiederholung der Worte הביאו לפניו wohl zu beachten ist, und noch weniger, wie wir gezeigt haben, dem Zweck der ganzen Einrichtung. Warum lässt man denn nun die Kleinen erst beim zweiten Becher, nachdem sie von den rohen Kräutern schon gegessen haben, ihre Fragen stellen und nicht vorher schon, sobald die Schüssel mit all den Dingen, nach deren Bedeutung sie sich erkundigen sollen, auf die Tafel gesetzt ist? Es wäre sehr zu empfehlen, dass man zur uralten Sitte zurückkehre und genau nach der Vorschrift der Mischna zunächst, nachdem man vom ersten Becher getrunken, nur die zum Vorgericht bestimmten Kräuter auftrage und erst, wenn diese abgeräumt sind, die Schüssel mit dem Bitterkraut und dem Essigmus, dem ungesäuerten Brote und den zwei Gerichten auf die Festtafel bringe. [וכי תאמר אלא מעתה היך נקיים עקירת השלחן איעצך להסיר מלפני מי שאומר הגדה כל כלי האכילה הקערות והכפות הסכינים והמזלגים ]. Noch besser ist’s, beide Gänge auf einem tragbaren Tischchen, wie es sich in jedem Haushalt findet, aufzutragen.
alle anderen Nächte gesäuertes oder ungesäuertes Brot geniessen, diese Nacht aber durchaus ungesäuertes, (alle anderen Nächte beliebige Kräuter, diese Nacht Bitterkraut. Das Eingeklammerte fehlt im Jeruschalmi und bei R. Ascher, desgl. in den beiden von Rabbinowicz benützten Münchener Hndsch. (s. דקדוקי סופרים). Die Frage hatte zur Zeit der Mischna auch gar keinen Sinn; denn man ass damals auch in den anderen Nächten nicht bloss שאר ירקות, sondern eben so gern den Lattich, der ja das am Pesachabend gebräuchlichste und am meisten bevorzugte Bitterkraut war, wie wir in voriger Anm. gezeigt haben. Der Zusatz stammt aus einer sehr späten Zeit, in welcher die alte Tischordnung längst nicht mehr herrschte und daher die wahre Bedeutung der ersten Frage nicht richtig erkannt wurde. Da man nicht wusste, dass dieselbe auf das Gebot des Bitterkrautes gemünzt ist, vermisste man neben den Fragen über das ungesäuerte Brot und das gebratene Fleisch eine solche über das bittere Gemüse, und um diese scheinbare Lücke auszufüllen, wurden die eingeklammerten Worte eingeschoben.
diese Nacht aber durchaus gebratenes. Die Frage bezieht sich auf das Fleisch des Pesachopfers, welches nur in gebratenem Zustande gegessen werden durfte (2. B. M. 12, 8—9). Das Festopfer (Kap. VI Anm. 24) konnte man zwar kochen; es war aber Vorschrift, die für den Abend bestimmten Stücke desselben gleichwohl zu braten, damit den Kindern erst recht auffiele, dass nur gebratenes Fleisch auf die Tafel kam. [. Seit der Zerstörung des Tempels wird diese Frage natürlich weggelassen. — שלק drückt (auch im Aram.) einen höhern Grad des Kochens aus, desgl. سلق und صلق im Arabischen (سليقة und صليقة = weich Gekochtes; vgl. auch صلج = Metalle schmelzen), wo diese Wörter auch schreien bedeuten. Es scheint, dass alle drei hier zusammengetroffenen Stämme (צלה ,שלק ,בשל) auf dieselbe Wurzel צל (صل) zurückgehen, welche im Hebr. ebenso wie im Arab, schallnachahmend einen schrillen Ton bezeichnet (vgl. צלצל ,צלל, صلد, صلصل, صل). Wegen des eigentümlichen Geräusches, welches das kochende Wasser und der zischende Braten hervorbringen, ist diese ursprüngliche Bedeutung auf die genannten Arten der Speisebereitung übertragen worden. Vielleicht hängt auch die Bedeutung des Betens, die צלי im Arab. wie im Aram. hat, mit der des Schreiens zusammen; vgl. שוע ,צעק ,זעק.
Und dem Verständnis des Kindes angemessen belehrt es der Vater. Er erklärt ihm die Bedeutung von פסח מצח ומרור, wie sie in der folg. Mischna kurz angedeutet ist, indem er ihm die Geschichte des Auszuges möglichst ausführlich und eindringlich erzählt. Die Worte אביו מלמדו haben demnach hier einen andern Sinn als oben am Anfang der Mischna. Indessen lassen dieselben auch dort die allerdings weniger einleuchtende Auffassung zu: Hier richtet das Kind Fragen an den Vater; und wenn das Kind noch nicht den Verstand hat zu fragen, erklärt ihm der Vater, was diese Nacht anders ist als alle Nächte … und je nach der Fassungskraft des Kindes erklärt er es ihm. Auch Maimonides scheint die Stelle so zu verstehen, denn er lässt (הל׳ חמץ ומצה פ״ח ה״ב) die Fragen vom Familienhaupte vortragen (וכאן הבן שואל ואומר הקורא מה נשתנה); vielleicht ist aber zu lesen וכאן הבן שואל הקורא ואומר מה נשתנה הלילה הזה וכו׳ , wenn nicht etwa הקורא ganz zu streichen ist. [ היטב שם פ״ז ה״ג. מיהו מדברי ר׳ ספרא (כאן בבבלי) שאמר תיובא לדרדקי משמע שהבן אומר ועיין כל זה].
er beginnt mit Schimpf. „Ursprünglich waren unsere Väter Götzendiener“ (nach Rab im Babli 116a) oder „Sklaven waren wir dem Pharao in Egypten“ (nach Samuel das.). — גנה (schmähen, tadeln) und כנה (rühmen, schmeicheln) sind offenbar verwandt. Die gemeinschaftliche Grundbedeutung, welche ein extremer Vertreter des Gesetzes der Lautverwandtschaft in קרא (nennen) finden könnte, ist die Beilegung eines Namens, nur dass sich in den Sprachgebrauch allmählich für כנה der Nebenbegriff des Ehrennamens, für גנה aber der des Schimpfnamens eingeschlichen und im Laufe der Zeit festgesetzt hat.
und schliesst mit Lob. Ueber das Lob, das den Abschluss bilden soll, gibt weder Rab noch Samuel (s. vor. Anm.) irgendwelche Auskunft. Ihnen mag die Haggada bereits in ihren Hauptbestandteilen vorgelegen haben, so dass über die Stelle, welche die Mischna hier im Auge hat, kein Zweifel waltete. Streitig war nur, ob unter מתחיל בגנות der Vorwurf der Knechtschaft oder der des Götzendienstes zu verstehen ist, mit anderen Worten: ob die eigentliche Erzählung schon bei היינו עבדים beginnt, oder dieses Stück nur als Vorwort anzusehen ist, in welchem auf die Pflicht einer möglichst ausführlichen Darstellung hingewiesen wird, diese selbst aber erst später mit מתחלה עובדי זרים היו אבותינו einsetzt. Aus Alfasi’s Entscheidung, dass man beiden Ansichten gerecht werde (והאידנא עבידנא כתרוייהו), geht jedoch hervor, dass dieselben darüber auseinander gingen, welches der beiden Stücke in die Haggada aufzunehmen wäre, diese also zur Zeit Rabs und Samuels noch keineswegs das feste Gefüge hatte, welche eine Andeutung über den Schluss, der das Lob enthalten soll, entbehrlich machen konnte. Warum also haben sie es an jedem Fingerzeig nach dieser Richtung hin fehlen lassen? Vermutlich, weil sich ein solcher aus dem Gegensatz von selbst ergiebt. So scheint es Maimonides aufgefasst zu haben, der das Lob in dem einen Falle darin findet, dass wir die Sklavenketten zerbrochen haben, in dem andern darin, dass wir gewürdigt wurden, dem Heiligen anbetend nahen zu dürfen (הל׳ חמץ ומצה פ״ז ה״ד). Dieses Lob (ועכשיו קרבנו המקום לעבודתו) steht aber nicht am Schlusse der Erzählung; es folgt vielmehr so unmittelbar auf den „Schimpf“, dass sich die Worte ומסיים בשבח unmöglich auf dasselbe beziehen können. Ebensowenig kann der in Mischna 6 (s. Anm. 54) angedeutete Segen gemeint sein, der den Schluss des ganzen Vortrages bildet und tatsächlich aus einem Lobspruch besteht; denn er feiert nicht den Ruhm Israels, sondern den Namen Gottes, während hier unter שבח als Gegensatz zu גנות zweifellos das Lob Israels zu verstehen ist. Der allen Voraussetzungen am besten entsprechende Psalmvers (114, 2): „Da ward Juda ihm zum Heiligtum, Israel zu seinem Reiche“, kann auch nicht in Betracht kommen; denn abgesehen davon, dass es weiter unten (M. 6; s. Anm. 52—53) noch streitig ist, ob der 114. Psalm vor dem Mahle überhaupt gesungen wird, bildet das Hallel, dem dieser Vers entnommen ist, einen besondern Teil der Feier und gehört nicht mehr zur eigentlichen Haggada. Diese schliesst vielmehr mit der am Ende der nächsten Mischna angeführten Anerkennung all der idealen Güter, die wir der Gnade des Allgütigen zu danken haben (לפיכך אנחנו חייבים), einer Anerkennung, die zwar in einen schwungvollen Lobgesang ausklingt, aber wieder nicht auf die Hoheit Israels und seine sittliche Würde, sondern auf die Herrlichkeit des Ewigen, Man müsste denn in den Worten מאפלה לאור גדול, welche freilich in einigen Handschriften und mehreren Ausgaben fehlen (s. Anm. 49 u. דקדוקי סופרים), ein Lob Israels erblicken, indem man unter der „Dunkelheit“ das Heidentum, unter dem „Lichte“ die Offenbarung versteht, oder gar auf die der Auslegung von ארמי אובד אבי unmittelbar vorangehende und so den Schluss der Einleitung bildende Betrachtung zurückgreifen, in welcher die Verheissung des göttlichen Schutzes als der Jungbrunnen gepriesen wird, der Israel auf seinem dornenvollen Wege durch die Jahrtausende begleitet, aus dem es immer wieder den Muth und die Kraft schöpft, den in keinem Zeitalter ausbleibenden Anfechtungen zu widerstehen, und der ihm allen tödlichen Angriffen zum Trotze Unsterblichkeit und ewige Jugend sichert (והיא שעמדה לאבותינו ולנו). Am wahrscheinlichsten ist jedoch die Annahme, dass Rab und Samuel die Erklärung für מתחיל בגנות ומסיים בשבח in dem sofort folgenden Satze ודורש מארמי אובד אבי עד שהוא גומר כל הפרשה כלה, also in dem Vortrage über 5. B. M. 26, 5—9 gefunden haben. Dieser Bibelabschnitt schliesst mit den Worten: Er brachte uns an diesen Ort und gab uns dieses Land, ein von Milch und Honig fliessendes Land. Die Auslegung der ersten Vershälfte lautet in Sifrê: Er brachte uns an diesen Ort — das ist das Heiligtum … und gab uns dieses Land — das ist Palästina … als Lohn dafür, dass wir hierher in seinen Tempel kommen, giebt er uns dieses Land. In unserer Haggada endet der Vortrag, welcher im Übrigen dem genannten Buche Wort für Wort entlehnt ist, mit dem achten Verse; der neunte ist vermutlich in Babylonien, wo man weder המקום הזה noch הארץ הזאת sagen konnte, gestrichen worden. Es ist aber schlechterdings nicht einzusehen, warum man ihn in Palästina, wenigstens so lange der Tempel stand, nicht hätte vortragen sollen. Die Vorschrift עד שהוא גומר כל הפרשה כלה lässt im Gegenteil darauf schliessen, dass man auch den letzten Vers mit der erwähnten Auslegung las, in welcher es Israel zum Ruhme angerechnet wird, dass es zur Gottesverehrung im Heiligtum berufen wurde, und dieser Vorzug von so hoher Bedeutung erscheint, dass lediglich aus ihm das Recht auf den Besitz des gelobten Landes hergeleitet wird. So erklärten sich die Worte ומסיים בשבח von selbst; dagegen verursachte das Sätzchen מתחיל בגנות noch immer einige Schwierigkeit. Es auf den Anfang dos Abschnittes, auf die Worte ארמי אובד אבי zu beziehen, ging nicht an; denn es kann doch Jakob nicht zum Schimpfe oder auch nur zum Vorwurf gereichen, dass er in Aram den Ränken seines Oheims schier erlag. Auch in der Auslegung dieser Stelle (s. folg. Anm.) findet sich nichts, was zu Ungunsten des Patriarchen gedeutet werden könnte. Und davon abgesehen, man mochte dem Worte גנות den mildesten Sinn geben, so sträubte sich doch das Gefühl dagegen, dasselbe auf den Stammvater anzuwenden. Daher sahen sich Rab und Samuel veranlasst, im Midrasch nach einer andern Beziehung Umschau zu halten. Natürlich suchten sie eine solche in der Richtung des Gegenteils von dem, was am Schlusse als Israels Ruhm verkündet wird. War doch der Zweck der seltsamen Vorschrift, von der unrühmlichen Vorgeschichte auszugehen offenbar kein anderer als der, dass sich von diesem dunkeln Grunde die glorreiche Entwickelung um so leuchtender abhebe. Als Ziel dieser Entwickelung werden nun am Ende des Vortrages zwei Tatsachen hervorgehoben: Die Errichtung des Heiligtums und die Begründung eines eigenen Staatswesens auf reich gesegnetem Boden. So ergab sich denn als Ausgangspunkt entweder die Götzenanbetung der Vorfahren Abrahams oder die Sklaverei unserer Väter in Egypten. Nach Rab’s Meinung war es der dogmatische und sittliche Fortschritt (von Heidentum zu reinstem Monotheismus), den die Mischna hier in ein helleres Licht rücken wollte, während Samuel es für angemessener hielt, am Feste der Erlösung den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Aufschwung (von Knechtschaft und Elend zu kraftvollem Staatsleben und blühendem Wohlstand) in den Vordergrund zu stellen. Ob diese Männer die betreffenden Stücke erst in die Haggada einführten, wie Alfasi annahm, oder dieselben dort schon vorgefunden haben, was wohl das Wahrscheinlichere ist, kann füglich dahingestellt bleiben.
Ein verlorener Arammite war mein Vater vorträgt. 5. B. M. 26, 5ff. Die hier angeführten Anfangsworte werden in der Haggada so verstanden, als hätte Laban beabsichtigt Jakob zu vernichten. Um zu dieser Auffassung zu gelangen, muss man keineswegs mit Onkelos ארמי auf Laban beziehen und אובד gegen den Sprachgebrauch transitiv nehmen; es ergiebt sich derselbe Sinn, wenn man gemäss der Auslegung in Sifrê (מלמד שלא ירד יעקב לאדם אלא לאובד ומעלה על לבן הארמי כאלו איבדו ), der auch Jonathan gefolgt zu sein scheint, mit Ibn ‘Ezra erklärt: Als Arammite (d. i. während seines Aufenthaltes bei Laban) ging mein Vater dem Verderben entgegen. Die Form לאובד in Sifrê ist Infinitiv, wie לומר von אמר gebildet. — דרש heisst zunächst nur suchen, forschen, daher מדרש die Erforschung und Auslegung der heiligen Schrift, aus welchem besondern Sinne sich wieder für דרש die engere Bedeutung entwickelt hat: eine Bibelstelle auslegen, eine Schrifterklärung vortragen.
bis er mit dem ganzen Abschnitt zu Ende kommt. Trotz der nachdrücklichen Betonung des Wortes כל durch seine Wiederholung dürfte doch nicht der Vortrag des ganzen Abschnittes hier gefordert werden, sondern nur die Auslegung des auf die Erlösung bezüglichen Teiles, zu welchem die beiden letzten Verse des Abschnitts nicht mehr gehören. — פרשה lautet im Volksmunde Parscha; die Gebildeten aber sagen precios nicht anders als Parascha, natürlich weil es im Buche Ester (4, 7 u. 10, 2) so vokalisiert ist. Dort aber bezeichnet das Wort eine genaue Darlegung oder ausführliche Schilderung, welchen Sinn das Verbum פרש fast nur im Pi‘el hat, aus dem die Substantiva von der Form Parascha abgeleitet sind (vgl. כפרה ,בקשה). Die Bedeutung aber, die dem Stamme an dieser Stelle innewohnt (scheiden, trennen, sondern) hat derselbe im Kal, aus welchem solche Formen wie Parscha gebildet werden (vgl. מלכה ,פרסה). — Statt עד שהוא גומר haben manche Ausgaben עד שיגמור.